Von Sigrid Bauer, erschienen im Haller Tagblatt
Im „Treffpunkt Kauf und Rat“ in Obersontheim gibt es jeden Dienstag frische Lebensmittel für Menschen mit geringem Einkommen. Seit März sind auch viele Flüchtlinge aus der Ukraine unter ihnen.
Dienstag, 10 Uhr: Vor dem evangelischen Gemeindehaus in Obersontheim stehen schon Grüppchen und warten auf die Öffnung des Tafelladens eine halbe Stunde später. Junge und ältere Frauen, Paare unterschiedlichen Alters, die meisten scheinen nicht von hier zu kommen. „Seit dem Frühjahr haben wir starken Zuwachs von Kunden aus der Ukraine, sie machen derzeit über zwei Drittel aus. Unser Angebot hat sich schnell herumgesprochen“, stellt Petra Zott fest, die 2010 den „Treffpunkt Kauf und Rat“ in Obersontheim als Ableger des Sozialkaufladens der Diakonie in Gaildorf mit aufgebaut hat.
50 Kundenkarten sind derzeit im Umlauf. Wer Sozialleistungen wie Wohngeld, Hartz IV oder Grundsicherung im Alter bezieht oder zu wenig verdient, erhält eine Berechtigungskarte. „Ältere Frauen mit einer kleinen Rente gehören zu unserem Kundenkreis, aber auch Familien mit Kindern, wo das Einkommen bei der aktuellen Preissteigerung nicht mehr reicht. Zurzeit haben wir fast jede Woche ein oder zwei neue Kunden“, berichtet die Diakonie-Mitarbeiterin.
Ab 9 Uhr klappern die beiden Fahrer – an dem Morgen waren es die beiden Rentner Kurt Härer und Klaus Kugler – die Discounter in der Umgebung ab. Dieses Mal kehren sie mit vielen Kisten voll gut erhaltenem Obst, Gemüse und Salat zurück. Bäckereien aus Obersontheim, Bühlertann, Bühlerzell und Mittelfischach spenden Brot und Weckle vom Vortag. Auch von Discountern aus Gaildorf hat Petra Zott noch einwandfreie Frischware mitgebracht.
„Das ist nicht immer so gut wie heute. Wir wissen nie, was und wie viel wir bekommen“, schildert sie. Im Eiltempo verteilt sie Äpfel, Orangen, Tomaten, Porree, Fenchel, Bananen, Schnittlauch und Radieschen auf die rund 30 großen Einkaufstüten aus Papier, ein paar zur Reserve. „Es ist wichtig, dass alle etwa das Gleiche erhalten. Familien bekommen aber selbstverständlich mehr als Einzelpersonen“, erklärt Petra Zott.
Im Winter haben die Supermärkte weniger Frischware zum Spenden. Zott hat auch festgestellt, dass in den Märkten vermehrt stark reduzierte Ware von den Leuten gekauft wird. „Dann bleibt für uns weniger übrig“, sagt sie. Froh ist sie über Gaben zu Erntedank, die ihnen die Kirchen zur Verfügung stellen. „Die Leute spenden oft in der Absicht, dass ihre Gaben an Bedürftige gehen und geben haltbare Lebensmittel wie Konserven, Nudeln, Zucker und Mehl ab. Für uns ist das ein Puffer, wenn wir mal nicht so viel von den Läden bekommen“, so Zott, die von einem achtköpfigen Team aus Ehrenamtlichen, alles Rentner, unterstützt wird. „Wegen Corona haben einige Helfer aufgehört, wir könnten Verstärkung brauchen“, meint sie. Seit der Pandemie geben sie die gefüllten Tüten über eine Theke am Eingang zum Gemeindehaus an die Kunden ab. Petra Zott hofft, dass sie bald wieder den Laden- und den Cafébetrieb sowie Beratungen anbieten können.
Jeder Helfer weiß, was zu tun ist. Petra Zott lässt sich die Kundenkarten zeigen, notiert, wer Ware erhalten hat und nimmt den Unkostenbeitrag von 2,50 Euro für Haushalte bis zu zwei Personen und fünf Euro für Familien entgegen. „Wir sind eine schwäbische Tafel: Was nichts kostet, ist nichts wert“, sagt sie und lacht. Irene Hofmann packt noch zu jeder Tüte aus einer Styroporbox gekühlte Lebensmittel wie Joghurt, Wurst oder Käse. „Kurt, leg noch einen Laib Brot dazu“, ruft sie ihrem Kollegen zu, der die volle Tasche vor zur Theke reicht. Hofmann gehört seit acht Jahren zum Team. „Wir sind ein nettes Trüpple, da geht’s immer lustig zu und außerdem ist es schön zu helfen. Die Leute sind so dankbar“, sagt sie.Jeden Dienstag für eine Stunde geöffnet
Der „Treffpunkt Kauf und Rat“ in Obersontheim öffnet jeden Dienstag von 10.30 Uhr bis 11.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus. Eine Kundenkarte gibt es gegen Nachweis der Bedürftigkeit. siba